
Das Ergebnis (Hochrechnung von 20:15 am Wahlabend)
Stand 20:15 Uhr am Wahlabend steht die Union bei 28,4%, die SPD bei 16,4%, die Grünen bei 12,2%, die Linke bei 8,9%, die AfD bei erschreckenden 20,4%, das BSW bei 5% und die FDP bei 4,8%1.
Die AfD liegt in fast allen Altersgruppen bei ca. 20%, Rassismus ist also ganz offensichtlich für ein Fünftel der Wahlberechtigten kein Grund, diese Partei nicht zu wählen. Bei der Gruppe der 35 bis 44jährigen ist die AfD sogar die stärkste Kraft. Hier konnte die Partei sogar 26% der Stimmen holen. Besonders punkten konnte die AfD mit jeweils 38% hingegen bei den Arbeitern und den Armen. Lediglich unter den über 70jährigen liegt die AfD bei gerade mal 10%.
Dort konnte jedoch die Union punkten: 43% der über 70jährigen fanden, dass der unbeherrschte und auch häufig durch rassistische und frauenfeindliche Äußerungen aufgefallene Friedrich Merz Kanzler werden solle.
Die jungen Menschen hingegen wählten eher links. In der Gruppe der 18 bis 24jährigen ist die Linke sogar die stärkste Kraft. Über ein Drittel (39%) dieser Altersgruppe wählte jedoch mit CDU, AfD und FDP ebenfalls rechtspopulistisch, rechtsextrem bzw. rechtslibertär.
Analyse der Ergebnisse
Die Alten wählen (mal wieder) gegen die Interessen der Jungen.
Alle Parteien, die in der Bundesrepublik Deutschland jemals in Regierungsverantwortung standen, haben insgesamt 14,1% im Vergleich zur letzten Wahl verloren – lediglich die Union konnte ein kleines Plus von 4,3% verzeichnen. Bedenkt man die eklatante Schwäche der Ampel-Parteien ist das jedoch sicher kein herausragendes Ergebnis für die Union.
Jeder Fünfte hat seine Stimme den Rechtsextremisten und Rechtslibertären der AfD gegeben.
58,6% der Wähler haben sich für CDU/CSU, AfD, BSW und FDP entschieden und ihre Stimme Populisten, Rechtsextremen, rechtslibertären und neoliberalen Marktradikalen gegeben und somit im Grunde gegen geflüchtete Menschen, Menschenrechte, gegen soziale Gerechtigkeit und gegen Klima- und Umweltschutz gewählt. Und stattdessen für eine noch stärkere Entlastung der Reichen und Überreichen und eine weitere Verschärfung der sozialen Spaltung.
Über die Hälfte der Wähler hat also im Grunde gegen die eigenen Interessen gewählt.
Fragen, die das Wahlergebnis aufwirft
Warum gingen die Parteien mit diesem Personal in den Wahlkampf? Wieso diese Kanzlerkandidaten? Merz schnitt bei den Umfragen noch am besten (oder eher am wenigsten schlecht) ab. Aber auch er kam im Vorfeld nur auf eine Zustimmung von etwas mehr als ein Drittel. Der Rest (Habeck, Scholz, Weidel) kam sogar noch auf wesentlich schlechtere Werte.
Gab es wirklich keine besseren Leute?
Gerade bei Scholz konnte man sich fragen, ob die SPD gar nicht gewinnen wollte.
Warum gingen die Ampelparteien mit den alten Spitzenkräften in den Wahlkampf? Egal, ob Scholz und Esken, ob Habeck und Baerbock, ob Lindner und Dürr – warum macht man Wahlkampf mit im Grunde „verbrannten“ Leuten? Auch wenn ich persönlich Habeck für einen sehr kompetenten und vor allem ehrlichen Politiker halte, wäre es nicht sinnvoller gewesen, erst mal zurückzutreten und andere – unbelastete – vorzuschicken? Gibt es bei SPD, Grünen und FDP keine anderen fähigen Leute? Irgendjemanden, der/die weniger angreifbar gewesen wäre?
Bleibt die Brandmauer der Union zur AfD bzw. wird sie wieder aufgebaut? Oder muss man befürchten, dass Merz den/die Koalitionspartner permanent mit einer eventuellen Zusammenarbeit mit der AfD erpresst, um seinen Willen, seine Politik durchzusetzen?
Warum wählen so viele Menschen gegen die eigenen Interessen?
Einordnung der Ergebnisse
Merz und die Unionsparteien müssen jetzt auf SPD und Grüne zugehen, da möglicherweise CDU und SPD alleine noch nicht über die nötige Mehrheit verfügen. Die Hardliner Linnemann, Söder, Spahn und Co müssen sich zurücknehmen und dürfen nicht weiter spalten und Koalitionen mit demokratischen Parteien ausschließen.
Eine erneute Zusammenarbeit von CDU/CSU und AfD darf es nicht geben!
Die SPD muss sich dringend wieder ein wirkliches sozialdemokratisches Profil geben – ansonsten verschwindet sie recht bald in der Bedeutungslosigkeit. Außerdem darf sie den Klima- und Umweltschutz nicht vergessen und muss diesen sozialverträglich umsetzen.
Die Grünen müssen dringend eine ganze Armee von Kommunikationsstrategen beschäftigen, die das eigene Programm erklären und die die Angriffe mit Fakenews und Lügen und die Kampagnen gegen die Partei abwehren. Und sie müssen darauf achten, dass die Transformation zu einer ökologischen Gesellschaft möglichst ohne soziale Härten bewältigt wird.
Die FDP muss sich auf ihre Wurzeln besinnen und den Schritt von einer rechtslibertären zurück zu einer sozialliberalen Partei wagen. Dann besteht für diese Partei eventuell noch Hoffnung. Schließlich war es ja damals die FDP, die den Umweltschutz in Deutschland voranbrachte.
Die Ampelparteien brauchen einen Neustart mit frischem Personal. Das Personal der letzten Regierung ist verbrannt.
Die Linken müssen den Fokus weiter auf die sozial-ökonomische Wende richten. Und vor allem darf sie sich nicht wieder in ewigen internen Streitereien selbst zerlegen.
Was jetzt nötig ist
Europa muss gestärkt werden. Die Welt ist eine gänzlich andere, als noch vor 20 Jahren. Unsere Freiheit wird durch China und Russland bedroht. Und auch durch die USA, die gerade zu einer Diktatur umgebaut wird. Die Union täte sehr gut daran, dies anzuerkennen und die Politik von Trump und Musk nicht auch noch zu loben. Wir brauchen eine starke und verteidigungsfähige EU. Das bedeutet, dass wir mehr Befugnisse an die EU abtreten müssen.
Wir müssen dringend unabhängig werden von den USA, China und Russland. Sei es bei Energie, Rohstoffen, Verteidigung, Pharmazie, Elektronik, Computerchips usw.
Die Sozialen Netzwerke müssen reguliert werden. Wir müssen uns vor ausländischer Einflussnahme schützen.
Wir müssen endlich genug in unsere Verteidigung, Gesundheit, Bildung und Infrastruktur investieren. Wir dürfen unser Land nicht weiter kaputt sparen.
Das kostet natürlich jede Menge Geld. Deshalb muss die Schuldenbremse endlich weg. Sie mag in der Vergangenheit nützlich und sinnvoll gewesen sein, aber bei der derzeitigen Weltlage ist sie eine Gefahr für unsere Freiheit und Demokratie.
Für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt, die Akzeptanz der EU und unserer Demokratie ist es unerlässlich, dass die Bevölkerung das Gefühl hat, die Anstrengungen lohnen sich für alle und nicht nur für einige wenige. Nur so schwächt man die extremen Ränder. Deshalb sollten wir die soziale Ungleichheit zumindest verringern.
Und wir müssen endlich ein AfD-Verbotsverfahren in die Wege leiten!
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Detlef (Montag, 24 Februar 2025 08:58)
Es gibt wenig positives bei dieser Wahl, aber doch ein paar wenige Lichtblicke: die hohe Wahlbeteiligung von 84%, das hat wohl den Durchmarsch der Reaktion etwas verhindert. Zum weiteren hat es die Linke wieder in den Bundestag geschafft und das BSW nicht, sie haben sich mit populistischen Sprüchen von rechts und links wohl nicht genug qualifiziert. Und das die Lindner FDP es nicht geschafft hat, ist ein wahres PLUS. Es gilt jetzt, weiter wachsam zu sein, und den Druck der Strasse aufrecht zu halten. Ausruhen geht leider nicht.
Der Pippo (Montag, 24 Februar 2025 09:00)
Stimmt. Es gab wenig positives. Verloren hat die Demokratie insgesamt. Eine ausführliche Analyse der Wahl folgt �
Aber immerhin sind FDP und BSW raus!
Detlef (Montag, 24 Februar 2025 09:09)
Nachtrag:
Fast 50% der Wähler haben gegen jeglichen Fotrschritt in Deutschland gewählt!!
Eine erschreckende Anzahl von Verblendeten, rückwärts gerichteten und reaktionen Menschen. Erinnert irgendwie an die USA. Zum Glück gibt es hier (noch) strengere Waffengesetze. Obwohl auch hier sicher schon einige bewaffnete Wehrsportgruppen existieren.