
Ich verstehe die Menschen nicht.
Warum werden wir nicht aktiv?
Haben wir wirklich eine größere Angst vor Veränderung, als vor Naturkatastrophen oder einer neuen faschistischen Diktatur in Deutschland?
Was geschieht, wenn wir so weiter machen, wie bisher?
Laut Bericht des IPCC aus dem Jahr 2023 ist ein Anstieg der globalen Temperatur von 1,4 bis 4,4°C bis zum Jahr 2100 wahrscheinlich. Werden die Politiken, die bis 2020 umgesetzt wurden fortgesetzt, erwärmt sich das Klima um schätzungsweise 3,2°C1. Da die USA unter Trump erneut aus dem Klimaschutzabkommen ausgestiegen sind, in Deutschland die Klimaschutzziele verwässert worden sind, und auch andere Länder wenig Ehrgeiz an den Tag zu legen scheinen, die Klimaschutzmaßnahmen ernsthaft umzusetzen, wird der Temperaturanstieg wohl eher Richtung 4°C gehen.
Die Tropen sind bereits bei 3°C mehr unbewohnbar – die Heimat von über 3 Milliarden Menschen. Ein Temperaturanstieg von 4°C bedeutet zudem einen Anstieg des Meeresspiegels um etwa einen Meter. Klingt nicht so viel? Dann stelle dir einfach mal vor, in deinem Wohnzimmer stünde das Wasser einen Meter hoch. Das wäre bis knapp unter den Lichtschalter. Das ist in deinem Wohnzimmer schon eine ganze Menge Wasser. Global ist ein Anstieg um einen Meter noch viel mehr. Was das für die deutsche und niederländische Küste bedeutet, sieht man auf dem Foto2. Weltweit müssten etwa 1 Milliarde Menschen ihre Heimat an den Küsten verlassen. Insgesamt wären also über 4 Milliarden Menschen gezwungen, sich wegen Dürren, Anstieg des Meeresspiegels, unerträglichen Temperaturen usw. zu fliehen3. Das ist die Hälfte der aktuellen Weltbevölkerung. Da spreche selbst ich von einer „Flüchtlingskrise“. Gleichzeitig nehmen Extremwetterereignisse, wie Starkregen mit Überschwemmungen und Dürren auch bei uns weiter zu. Das wird Missernten und steigende Lebensmittelpreise zur Folge haben. Und da wir ja den neoliberalen Kapitalismus mittlerweile für „alternativlos“ halten, wird auch die Ungleichheit bis dahin noch weiter gestiegen sein. Das alleine wird schon ganz massive soziale Unruhen zur Folge haben und unsere Zivilisation an den Rand des Zusammenbruchs bringen.
Allerdings kommen, wenn wir unseren Lebensstil und unsere Art zu wirtschaften nicht ändern, noch weitere Probleme auf uns zu:
-
Die Biodiversität wird weiter abnehmen, was ebenfalls Einfluss auf unsere Lebensmittelproduktion haben wird
-
Die Menge des weltweit produzierten Mülls wird von derzeit 3,5 Mio t auf 11 Mio t pro Tag ansteigen4
-
Wasserknappheit
-
Ressourcenknappheit
-
Kriege
-
Krankheiten/Seuchen
In meinen Augen klingt das jetzt nicht unbedingt nach einer erstrebenswerten Zukunft. Auch nicht nach „Freiheit“. Warum also tun wir so, als wäre es ein Zeichen von Freiheit, wenn wir völlig sinnfrei immer mehr konsumieren, in 2,5t-Verbrennern mit 500 PS über die Autobahn rasen, tonnenweise Lebensmittel verschwenden und Müll produzieren?
Und es klingt auch nicht so, als würde der „freie Markt“ in absehbarer Zukunft eine Technologie hervorbringen, die auf wundersame Weise all unsere Probleme lösen wird. Und die noch dazu auch noch keinerlei Investitionen erfordert – die Staatsfinanzen sind ja wichtiger, als unsere Lebensgrundlage. Schulden sind ja angeblich viel schlimmer, als die oben beschriebenen Folgen des neoliberalen Raubbau-Kapitalismus für Mensch und Umwelt.
Aber ist der neoliberale Kapitalismus nicht alternativlos?
Das wird zwar in Politik und Wirtschaft mantra-artig wiederholt, ist aber Blödsinn. Erst recht, weil sich die neoliberalen Versprechen ja als haltlos herausgestellt haben. Der einzige nachweisbare Effekt der neoliberalen Reformen ist die gestiegene Ungleichheit5.
Warum also sollten wir weiter am Neoliberalismus festhalten, wenn dieser ganz offensichtlich so katastrophale Auswirkungen auf Klima, Umwelt und Gesellschaft hat? Wenn er zu ökologischen Katastrophen und sozialen Verwerfungen führt? Wenn er zwar Freiheit verspricht, aber nicht bietet?
Was wäre die Alternative?
Wenn wir es schaffen würden, unsere Wirtschaftsform in eine Gemeinwohlökonomie (ergänzt durch die Donut-Ökonomie) zu transformieren, könnten wir das Ruder noch herumreißen.
Die Donut-Ökonomie6 und die Gemeinwohlökonomie7 sind zwei Wirtschaftsmodelle, die eine Alternative zum neoliberalen Kapitalismus darstellen könnte. Beide konzentrieren sich auf soziale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit, wobei die Donut-Ökonomie eher den groben Rahmen absteckt, während die Gemeinwohlökonomie hier deutlich konkreter wird. Zusammen können beide Modelle jedoch den Weg in eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft weisen, die keineswegs Verzicht bedeutet. Nicht die Gewinnmaximierung steht im Mittelpunkt, sondern Menschenwürde, soziale Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und demokratische Mitbestimmung. Der Erfolg der Unternehmen würde nicht allein am Gewinn gemessen, sondern am Beitrag zum Gemeinwohl.
Glaubt man dann auch noch der Modern Monetary Theory8, sind selbst die Kosten für eine solche Transformation kein Problem.
Welche Auswirkungen hätte das auf Klima und Umwelt?
Eine weltweite Umstellung auf eine Gemeinwohlökonomie und auf saubere Technologien bis 2050 hätte enorme transformative Auswirkungen auf Klima und Umwelt, aber auch auf die Gesellschaft:
-
Durch die Reduzierung der Treibhausgasemissionen wird die globale Erwärmung verlangsamt und Extremwetterereignisse reduziert
-
Durch eine verantwortungsvolle Nutzung von natürlichen Ressourcen wird eine Übernutzung und die Umweltzerstörung minimiert
-
Ein nachhaltiger Umgang mit Land und Wasser führt zu einer Erholung von Ökosystemen und fördert die Biodiversität
-
Die Ungleichheit wird verringert
-
Der Zugang zu Bildung, Gesundheit und anderen Grundbedürfnissen wird verbessert
-
Der Fokus auf nachhaltige Technologien und lokale Wirtschaft schafft neue Arbeitsplätze und verringert die Abhängigkeit von globalen Lieferketten
-
Die Kooperation innerhalb der Gemeinschaft stärkt das soziale Miteinander und kann Konflikte reduzieren
Eine weltweite Transformation zu einer gemeinwohlorientierten Wirtschaft klingt zugegebenermaßen sehr ambitioniert, da dies globale Zusammenarbeit erfordert. Bei den Entwicklungen in den USA und in anderen Teilen der Welt scheint dies wohl eher unrealistisch.
Jedoch sollten wir dennoch alles daran setzen, diesen Wandel anzustoßen. Wenn wir in Europa anfangen und der Rest der Welt die Fortschritte sieht, könnte das ein Vorbild für andere Nationen sein.
Natürlich wäre die Wirkung auf das Klima zunächst gering. Wenn nur Europa zur Gemeinwohlökonomie wechselt, würde sich der globale Temperaturanstieg bis 2050 um 0,2 bis 0,3°C verringern. Jedoch würde Europa bei der Entwicklung von neuen Technologien eine Vorreiterrolle übernehmen, was langfristig auch anderen Regionen nützen würde.
Und zumindest Europas Ökosysteme könnten sich schon mal erholen.
Europa könnte in jedem Fall wirtschaftlich profitieren und neue Arbeitsplätze in grünen Technologien schaffen. Die Umweltzerstörung würde gestoppt, die Ungleichheit würde verringert, die Demokratie gestärkt und vom Fortschritt und Wohlstand würden alle profitieren.
Selbst, wenn wir in Europa allein den Klimawandel nicht aufhalten können, klingt dies dennoch viel besser, als ein „Weiter So“. Denn dieses „Weiter So“ führt auf jeden Fall in die Katastrophe. Deshalb finde ich, wir sollten es versuchen!
Was denkt ihr?
2Ein interessantes Tool: Flood Maps
3Ein weiteres interessantes Tool: Klimawandel macht diese Orte unbewohnbar – interaktiver 3D-Globus
5Mit der neoliberalen Ideologie habe ich mich bereits in meinem letzten Artikel auseinandergesetzt: Der Pippo wundert sich... dass wir noch immer der neoliberalen Ideologie folgen - derpippos Webseite!
Kommentar schreiben