
Während ich im Alter Pfandflaschen sammeln gehe, sitzen meine ehemaligen Chefs in ihren bezahlten Häusern und genießen den Wohlstand, den ich mit ihnen zusammen erarbeitet habe.
Und dann gibt es noch diejenigen, die von meiner Arbeit und der Arbeit Anderer noch viel besser leben können, als meine früheren Chefs.
Oder sie leben von dem, was sie damit verdienen, dass sie alles über mich wissen. Weil sie von mir alle möglichen Daten sammeln.
Das werden später die Leute sein, die heute von mir verlangen ich solle mehr länger härter arbeiten, damit die Wirtschaft wächst. Das sei ja schließlich auch für mich gut.
Aber eigentlich nützt es nur ihnen.
Sie erzählen mir heute, ich würde "irgendwann" auch etwas von ihrem Reichtum abbekommen.
Wann ist dieses "Irgendwann", frage ich.
Scheinbar nicht jetzt, nicht heute, nicht morgen, nicht bald.
Denn sie erzählen mir auch, ich solle mich in "Lohnzurückhaltung" üben. Damit die Wirtschaft wächst. Das sei ja schließlich auch für mich gut. Naja, aber natürlich nicht jetzt sofort. Vorher müsse ich mich schon noch ein bisschen mehr anstrengen.
Weil "wir" angeblich zu wenig arbeiten.
Ich glaube, das "Wir" bin eigentlich ich.
Aber wann kommt denn endlich dieses "Irgendwann", frage ich. Schließlich habe ich mittlerweile schon die Hälfte meines Berufslebens hinter mir.
Sie antworten ausweichend, der jetzige Weg sei "alternativlos".
Scheinbar scheint dieses "Irgendwann" nicht so bald zu kommen.
Auch im Alter scheint es nicht zu kommen.
Denn sie sagen mir, ich solle für das Alter vorsorgen und sparen. Sonst sei ich im Alter von Armut betroffen.
Nur müsste, bevor ich für das Alter sparen kann, das "Irgendwann" endlich mal kommen, rufe ich. Sonst habe ich gar nicht genug Geld, um für das Alter zu sparen!
Ich glaube, das "Irgendwann" kommt nicht mehr...
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Man wirft mir oft vor, dass ich "linksradikal" sei, oder ein "Kommunist".
Andere fragen mich, ob das klug sei, dass ich meine politische Meinung so offen vertrete. Schließlich könnte sich meine Kritik am vorherrschenden Neoliberalismus als negativ für meine Karriere erweisen.
Nun, mit Kommunismus hat meine Einstellung sicher nicht viel zu tun. Ich möchte selbstverständlich keinen "Arbeiter- und Bauernstaat" errichten.
Es müssen auch nicht "alle gleich" sein.
Aber was ich fordere, ist eine sozial gerechte und nachhaltige Gesellschaft, die das Wohl aller Menschen im Blick hat und nicht nur die Interessen der Wirtschaft. Ich fordere eine Wirtschaftsform, in der die planetaren Grenzen nicht bereits Anfang Mai überschritten sind, weil ein kleiner Teil der Menschheit sich auf Kosten der Natur und der Mehrheit bereichert.
Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der einige wenige Überreiche in völlig übertriebenem Luxus leben, während manche in Armut und Elend leben.
Und ich fordere auch etwas für die Menschen, die weniger Glück hatten, als ich. Denen es wesentlich schlechter geht, als mir. Ich fordere, dass es in unserem reichen Land keine Armut gibt.
Und ich fordere, dass wir denjenigen helfen, die in Not sind - ganz egal, ob sie aus Deutschland kommen oder von weit weg.
Und ja, ich fordere auch für mich etwas. Und für viele andere Menschen in Deutschland, die über eine ähnliche Biografie verfügen, wie ich.
Ich habe bisher alle eurer Forderungen erfüllt.
Ich habe die Schule mit Abitur abgeschlossen, meinen Zivildienst abgeleistet und bin auch danach noch einige Zeit ehrenamtlich als Betreuer mitgefahren.
Danach machte ich eine Ausbildung zum Tischler. Nach der Ausbildung arbeitete ich bei Zeitarbeitsfirmen für 860€/Monat. Vollzeit. "Irgendwann" erkämpfte ich mir einen schlecht bezahlten Job in der Industrie. 2008 dann Entlassungen wegen der Finanzkrise. 3 Monate war ich arbeitslos, danach nie wieder. Ich fing als Küchenmonteur an, arbeitete 60Std/Woche, aber bekam die Überstunden nicht bezahlt. Ich war trotzdem motiviert und gut in meinem Job und montierte europaweit. Antwerpen, Brüssel, Rotterdam, Amsterdam, Eindhoven, Paris...
Die Bezahlung war scheiße, aber ich habe viel gelernt.
Deshalb erfüllte ich dann eure nächste Forderung: ich riskierte etwas. Ich ging ins unternehmerische Risiko und machte mich mit einem Freund und Kollegen als Küchen- und Möbelmonteur selbständig. Und wieder waren wir gut. Nein - wir waren sehr gut. Wir montierten im deutsch-niederländisch-belgischen Dreiländereck und bildeten uns auf eigene Kosten weiter.
Finanziell war es zu Beginn und zwischendurch durchaus hart. Aber der Laden ernährte uns gut. Bis uns LKW und Werkzeug geklaut wurden. Wir haben den Laden dann dicht gemacht, sind aber ohne Schulden aus der Nummer raus. Es war anstrengend und hat sich finanziell sogar ein klein wenig gelohnt. Und es hat Spaß gemacht.
Seitdem wieder angestellt, mittlerweile im 2. Job. In meiner nun 25jährigen Karriere war ich insgesamt nur 3 Monate arbeitslos, habe für ganz kleines Geld gearbeitet, mich hochgekämpft, bin ins Risiko gegangen, habe meine Überstunden verschenkt und war immer bereit, Neues zu lernen und Einsatz zu zeigen.
Bis heute bekomme ich ein Gehalt, welches gerade eben meine laufenden Kosten deckt. Und ja, sogar ein kleines Polster konnte ich durch Sparsamkeit und einer riesengroßen Portion Glück ansparen.
Aber ich weiß auch, wenn meine Waschmaschine oder mein Auto kaputt ist, wird das Geld auch schnell weniger. Und nur sehr langsam wieder mehr.
Und wenn ich dann mit 67 oder 70 - nach langen Jahren und körperlicher Arbeit - endlich in Rente darf, bekomme ich aller Voraussicht nach gerade mal eine Rente auf Bürgergeldniveau.
Na, bis jetzt hat sich "Leistung" für mich ja richtig gelohnt! Danke!
Und ich werde nicht so tun, als fände ich das super so! Auch nicht, um "meine Karrierechancen zu erhöhen".
Denn dann wäre ich wie ihr. Wie Ihr, die sich daran stören, weil ich dem neoliberalen Märchen nicht mehr glauben kann.
Also sagt mir:
Wo bleibt jetzt dieses verf*ckte "Irgendwann"?!?!
Kommt das noch?
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Der olle Pippo (Donnerstag, 22 Mai 2025 15:30)
Für das irgendwann ist doch die Kirche zuständig das weisst du do. Also schön brav sein gottgefällig und gehorsam......
Der Pippo (Donnerstag, 22 Mai 2025 15:34)
Hm... Ich hoffte aber auf Lohn schon im Diesseits...
Der olle Pippo (Donnerstag, 22 Mai 2025 15:41)
Du kannst es ja nicht wissen, deine Rabeneltern haben dich ja nicht taufen lassen und damit sind dir die "Erkenntnisse" der Kirche ja auch verschlossen geblieben
Oder wie ich denke, dir wurde nicht so das Gehirn zugekleistert, dass du auf ein Jenseits hofft. Wir leben jetzt und wollen jetzt ein gutes LEBEN für alle. Und afür lohnen sich dann auch einige Auseinandersetzungen mit den ewig Hoffenden den ewig Duckenden.
Der olle Pippo (Donnerstag, 22 Mai 2025 15:45)
Damit hier auch mal was Positives über deine Eltern steht, in deinem Lebenslauf kommen sie ja nicht so gut weg, oder?