
Mich haben jetzt wiederholt Menschen angesprochen und angemerkt, meine kapitalismuskritischen Beiträge, mein Einsatz für mehr Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und für Arbeitnehmerrechte wären schädlich für meine Karriere. Gleiches gilt wohl für mein Bekenntnis zu Gewerkschaften.
Nun, was soll ich sagen? Höchstwahrscheinlich haben diese Menschen Recht.
Sollte ich deswegen mit meiner Kritik am vorherrschenden neoliberalen Kapitalismus aufhören? Viele in meiner Situation würden das sicher tun und ich kann und werde sie dafür auch nicht verurteilen.
Ich aber höre nicht damit auf. Denn ich habe mir nichts vorzuwerfen. Ich mache nichts Falsches oder Verbotenes.
Weshalb sollte ich nicht mehr Klimaschutz fordern? Und warum darf ich nicht die Meinung vertreten, dass ewiges Wachstum utopisch ist und uns langsam die Zeit davon läuft, um endlich wirksamen Klimaschutz zu betreiben? Wo doch alle bisherigen Maßnahmen höchstens halbherzig umgesetzt wurden?
Wieso darf ich nicht der Meinung sein, dass man Menschen mit Vermögen im dreistelligen Millionen- oder gar im Milliardenbereich nicht mehr entlasten muss, weil sie schon über für mich unvorstellbare Vermögen verfügen? Warum darf ich nicht kritisieren, dass Einkommen aus Erwerbstätigkeit stärker mit Abgaben belastet wird, als Einkommen aus Vermögen?
Und natürlich setze ich mich für die Rechte von Arbeitnehmer*innen ein; ich bin ja schließlich auch ein Arbeitnehmer. Warum sollte ich mich da nicht meine Interessen vertreten?
Die Arbeitgeber*innen vertreten doch auch ihre Interessen.
Warum sollte ich nicht in einer Gewerkschaft sein?
Schließlich sind Arbeitgeber doch auch in Arbeitgeberverbänden organisiert, die sich für die Interessen der Arbeitgeber*innen einsetzen.
Eine Gewerkschaft ist schließlich eine Organisation, die die Interessen der Arbeitnehmer*innen vertritt. Aber auch eine Gewerkschaft kann keine Sonderrechte für mich durchsetzen. Sie hilft mir lediglich, im Zweifel meine Rechte durchzusetzen, sollten diese in meinem Job verletzt werden. Sollte meine Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft also für ein Unternehmen ein Problem darstellen, scheint dieses Unternehmen es mit Arbeitnehmerrechten wohl nicht so genau zu nehmen.
Mit meinen Beiträgen vertrete ich meine Meinung. Diese Meinung vertrete ich nicht aufgrund irgendeiner Ideologie. Ich habe mich intensiv mit den Themen, welche ich in meinen Beiträgen behandle, auseinandergesetzt. Ich begründe meine Meinung und nenne Quellen , die erklären, wie ich zu dieser Meinung gelangt bin. Diese Quellen finden sich unter meinen Artikeln als Fußnoten und sind somit allesamt nachprüfbar.
Diese Meinung darf ich haben und ich darf sie äußern.
Diese Meinung muss man nicht teilen.
Diese Meinung darf man sogar scheiße finden.
Ich bin immer bereit zu einem Dialog und bereit, mich zu korrigieren, wenn ich falsch liegen sollte. Aber dann bitte ich auch um Quellen, die dies belegen.
Ich bin aber nicht bereit, mich selbst zu zensieren, nur um meine Karrierechancen zu verbessern.
Denn auch als Arbeitnehmer habe ich das Recht
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meine Interessen zu vertreten und mich zu organisieren, z.B. in einer Gewerkschaft
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meine Meinung zu verbreiten, sofern sie auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung beruht
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mich für eine nachhaltige, gerechte und demokratische Gesellschaft einzusetzen
Sollte dies meine Karrierechancen verringern, sagt das wohl viel mehr über unsere Gesellschaft und den Zustand unserer Demokratie aus, als über mich.
Sollte mich ein potentielle*r Chef*in ablehnen, weil ich von meinen Grundrechten Gebrauch mache, sollte sich diese*r besser mit gelebter Demokratie auseinander setzen, als mit der Einstellung neuer Leute oder mit Unternehmensführung.
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